Eintracht Frankfurt gegen Royal Antwerpen: So heikel war der Polizeieinsatz

2022-09-03 10:18:51 By : Mr. jerry zhao

Krawalle zwischen Fans von Eintracht Frankfurt und Royal Antwerpen hatten alle erwartet. Die Polizei verhindert Schlimmes – zumindest fast.

Frankfurt – Beim Zusammentreffen von Hardcore-Fans von Eintracht Frankfurt und Royal Antwerpen wurde Krawall von der Polizei und belgischen Medien erwartet. Das hat die Polizei weitgehend verhindert. Hätten die belgischen Fans ihre Kraft an Menschen statt an einem riesigen Stahlzaun ausgelassen, hätte es fatal enden können. Wir waren zwölf Stunden lang beim Einsatz dabei.

Die ersten belgischen Fans sitzen an diesem Donnerstag (25.11.2021) um 13 Uhr fröhlich im Café Hauptwache, die B-Ebene ist voller Polizei, der Roßmarkt und die Seitenstraßen voller geparkter Einsatzwagen. Noch ist viel Platz in der Stadt, Leute bummeln, Polizisten beobachten. Einsatzleiter Thorsten Fleischer checkt ruhig mit seinen Beamten die Lage. Mal nickt er, mal schüttelt er den Kopf. Ununterbrochen prasseln Informationen und Hinweise über einen geringelten Schallschlauch in sein Ohr, er antwortet mit Zahlenkombinationen und kurzen Anweisungen. Man versteht „Römer“, „Autobahn“, „Südbahnhof“, „Niederrad“, „Frankfurter im Wald“ und „Wasserwerfer“. 2200 Stadionkarten wurden für Antwerpen verkauft, etwa 500 weitere Belgier sollen für das Spiel im Waldstadion anreisen.

Schnell sind 200 grölende Fans an einem Stand an der Hauptwache, dann 500. Belgische Polizisten in Zivil sind da, um „Problemfans“ zu erkennen. Fleischer geht abseits vom Lärm, um die Infos besser zu hören und sich mit Dutzenden Kollegen auszutauschen und zu telefonieren.

Ein freundlicher Mann mit Armschutz, einem dicken Beutel vor dem Bauch und einem roten Kreuz auf der schwarzen Schutzweste, gelben Leuchtstreifen und roten Flecken stellt sich vor. Er ist vom polizeiärztlichen Dienst Hessen und vor Ort, „wenn jemandem etwas passiert“. Er ist im Rettungsdienst für Polizisten und andere da, die Hilfe brauchen. Am Tag danach wird die Polizei melden, dass an der Hauptwache eine geworfene Eisenstange einen Polizisten am Helm getroffen habe.

Eigentlich wurde den Fans vorgeschlagen, um 17 Uhr zum Fanmarsch Richtung Hauptbahnhof aufzubrechen. Es ist ihnen zu früh. Man einigt sich auf 17.30 Uhr. Dann die Meldung, dass der „Orange Day Demo“ auf der gleichen Strecke entgegenkommt. Die Versammlungsbehörde hatte die Route geändert. Fleischer spricht Zahlen und Namen hektisch, lauscht, nickt und flucht leise. Um kurz nach 17 Uhr gehen rote Bengalos neben dem Weihnachtsstand hoch, scharfe Durchsagen und eine Festnahme folgen, zwei weitere „Pyromanen“ werden identifiziert. Sie werden später festgenommen, damit kein Krawall entsteht.

Über Funk kommen parallel Infos über die Demo. Minutiös wird der Abmarsch der Fans organisiert. Während die Demo nach links Richtung Goetheplatz abbiegt, kommen ihnen die mittlerweile unzähligen Fans und Unmengen an Polizeibeamten am Roßmarkt entgegen und verpassen ein Zusammentreffen um keine 100 Meter. Bengalos werden bis kurz vor dem Hauptbahnhof abgebrannt. Am Freitag meldet die Polizei, belgische Fans hätten Pflastersteine auf eine Kneipe im Bahnhofsviertel geworfen.

Die Einsatzleitung koordiniert im Auto Weg und Begleitung in die bereitstehende Bahn für die Fans und ist längst vor Ankunft an der Station Stadion. Pferdestaffel, bellende Polizeihunde, Wasserwerfer, Einsatzwagen und Beamte stehen bereit. Die Belgier werden durch den Wald geleitet, damit sie nicht Eintracht-Fans begegnen. In Massen und grölend ziehen sie entlang.

Fleischer und sein Team sind schnell im Laufschritt auf der Autobahnbrücke. Stau auf allen Seiten, der Eintracht-Mannschaftsbus kommt nicht durch, Anweisungen über Funk, Durchsagen folgen. Der Bus schafft es, ein zweiter Wasserwerfer steht bereit. Der Eingang zum Block für die belgischen Fans ist mit hohen Gittern abgesperrt, dennoch kommt es zu einer Schlägerei, weil sich einige durch die Stadionordner gemogelt haben. Die Polizei greift ein. Fleischer geht schnell in die Zentrale, spricht mit den Beamten vor Ort, koordiniert und deeskaliert über Funk jede Reiberei außerhalb der Plätze. Zum Anpfiff ist er mit Kollegen vor der Dienststelle auf der Tribüne.

Kurz vor der Halbzeitpause werden 200 vermummte Eintracht-Fans am Gleisdreieck gesichtet. Der Einsatzleiter schickt zusätzliche Kräfte dorthin. Die Fans hätten Steine und andere Gegenstände geworfen, teilte die Polizei am Tag danach mit. Am Abend ist zu sehen, wie sie die Fans eingekesselt, 50 können fliehen.

Der Hubschrauber kreist. Das Spiel geht weiter, die Vermummten werden überprüft. Die Gefangenensammelstellen im Stadion sind längst voll. Ein Böller kracht von der Eintracht-Fan-Seite kurz vor das Tor, zwei Royal-Spieler halten sich erschrocken die Ohren zu, einer sinkt kurzzeitig zu Boden. Die Belgier zünden Bengalos. Der Stadionsprecher der Polizei macht Durchsagen, Ordner stehen eng am Fanblock. Rettungswagen und der polizeiliche Rettungsdienst sind mit Blaulicht vor Ort. Ein Bengalo habe einen Besucher schwer verletzt, teilte die Polizei gestern mit. Der Werfer, ein Belgier ohne festen Wohnsitz, sei dem Haftrichter vorgeführt worden.

Nach Spielende dürfen erst die Eintracht-Fans raus. Die Belgier müssen warten. Das Gelände um den Gästeblock ist mit dem riesigen Stahlzaun und dichten Polizeiketten abgesperrt. Als kein Bier mehr verkauft wird, fliegen Becher Richtung Polizei, es wird gerauft. Fleischer lässt eingreifen. Fans rütteln am Zaun. Bengalos fliegen über den Zaun direkt hinter die Polizeikette. Die Fans treten den mächtigen Stahlzaun ein. Pfefferspray folgt. Selbst Fleischer ist fassungslos. „Das hat noch kaum einer geschafft“, sagt er und gibt Anweisungen.

Es dauert, bis die Fans wieder durch den Wald zu ihrer Bahn geführt werden. Sie können nicht vom Weg weichen, so eng werden sie begleitet. Eintracht-Fans schlagen auf Autos an der Straße, eine Polizeikette hält sie kurz vor dem Parkplatz auf, während die Belgier ohne zu singen Richtung Bahn gehen. Um 0.45 Uhr sind sie in der Bahn Richtung Hauptbahnhof.

Bis zur letzten Sekunde prasseln Nachrichten ins Ohr von Fleischer, der unermüdlich Entscheidungen trifft. Ohne Pause. Als die S-Bahn abfährt, ist Schichtwechsel. Fleischer und sein Team gehen noch einmal in der Eiseskälte im Eilschritt zurück in die Dienstleitstelle im Stadion. (Sabine Schramek)

Am Rande des Hinspiels zwischen Eintracht Frankfurt und Royal Antwerpen war es zu Randalen gekommen. Zahlreiche Fans wurden festgenommen.