Barrierefreie Bahnhöfe

2022-09-17 12:08:03 By : Ms. Alice Alice

Barrierefreie Bahnhöfe werden so gebaut und ausgestattet, dass alle Reisenden den Zugang zum System Bahn nutzen können. Pro Jahr baut die Deutsche Bahn (DB) rund 100 Bahnhöfe barrierefrei um, dabei rund 150 Bahnsteige pro Jahr. 2022 investiert die DB deutschlandweit insgesamt rund 1,8 Milliarden Euro, um Bahnhöfe neu zu bauen oder - immer auch mit Blick auf die Verbesserung der Barrierefreiheit - zu modernisieren. Fördermittel von Bund und Ländern unterstützen den barrierefreien Ausbau. Maßgebend unter den aktuellen Vorschriften des barrierefreien Bauens ist die EU-Verordnung „TSI PRM“ (1), auf deren Grundlage ein nationaler Umsetzungsplan für Deutschland entwickelt wurde. (2)

In einem selbstverpflichtenden Programm zur Barrierefreiheit schreibt die DB solche Maßnahmen für alle Unternehmensbereiche fest, die das barrierefreie Reisen fördern. Aktuell setzt die DB ihre Vorhaben aus dem vierten Programm mit dem Zeithorizont 2020 bis 2025 um. Die DB Station&Service AG hat das Bewertungssystem „weitreichende Barrierefreiheit“ für bestehende Personenbahnhöfe entwickelt, um den Fortschritt messen und transparent darstellen zu können. (3)

Aus der EU-Verordnung „TSI PRM“ wurden sieben mobilitätseingeschränkte Kund:innengruppen abgleitet:

Zudem wurden elf Ausstattungsmerkmale abgeleitet, die für die barrierefreie Zugänglichkeit zu den Personenbahnhöfen elementar notwendig sind. Dies beides erfolgte in Abstimmung mit Vertreter:innen, die vom Deutschen Behindertenrat benannt wurden und für die programmbegleitende Arbeitsgruppe tätig sind.

Welche elf Ausstattungsmerkmale zu dem oben unter „Weitreichende Barrierefreiheit" genannten Bewertungssystem genau gehören, welche der genannten Kund:innengruppen diese als elementar notwendige Zugangsvoraussetzung benötigen und welcher Ausstattungsgrad (Stand 30.11.2021) an den Bahnhöfen der DB Station&Service AG erreicht ist, lesen Sie unten in unserer Foto-Galerie.

Treppen und Stufen sind für Rollstuhlfahrer:innen und Menschen mit Gehbehinderung, Familien mit Kleinkindern, Kinderwagen und/oder Gepäck sowie kleinwüchsige Menschen eine wesentliche Hürde. Da wo kein stufenfreier Zugang möglich ist, unterstützen Aufzüge oder lange Rampen. 

Zurzeit sind 81 Prozent aller Stationen (86 Prozent der Bahnsteige) über stufenfreie Zugänge erreichbar. Damit gelangen rund 90 Prozent der Reisenden stufenlos zum Bahnsteig.

Bahnsteighöhen von mindestens 55 cm Höhe sind Voraussetzung dafür, dass Reisende niveaugleich ein- und aussteigen können, wenn Züge mit dazu passender Einstiegshöhe an den Fahrzeugtüren eingesetzt werden. Das ist besonders wichtig für den leichten und schnellen Ein- und Ausstieg von Rollstuhlfahrer:innen und Menschen mit Gehbehinderung, Familien mit Kleinkindern, Kinderwagen und/oder Gepäck sowie kleinwüchsige Menschen.

Aktuell haben 63 Prozent der Stationen (67 Prozent der Bahnsteige) eine Höhe von mindestens 55 cm.

Auf den Bahnsteigen zeigen Zugzielanzeiger oder sogenannte dynamische Schriftanzeiger wichtige und aktuelle Reisendeninformationen wie Abfahrtszeit oder Abweichungen in visueller Form an. Dies ist für alle Reisenden wichtig, besonders aber für Menschen mit Hörbehinderungen, gehörlose Menschen und Menschen mit eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit.

Nahezu alle Stationen und Bahnsteige (98 Prozent) sind derzeit mit visuellen Anzeigen ausgestattet.

Neben der visuellen Anzeige informiert die DB Reisende am Bahnsteig auch mit akustischen Durchsagen. Dafür gibt es Lautsprecheranlagen oder Akustikmodule direkt an den dynamischen Schriftanzeigern. Lautsprecherdurchsagen sind insbesondere für blinde und sehbehinderte Menschen und auch für Menschen mit eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit sehr wichtig.

Nahezu alle Stationen und Bahnsteige (99 Prozent) sind zurzeit mit akustischen Lautsprecheransagen ausgestattet.

Taktile Leitsysteme helfen blinden und sehbehinderten Menschen sich auf dem Weg zum Bahnsteig mittels des Tastsinnes zu orientieren. Dies gelingt zum Beispiel mit baulichen Leitelementen wie (Rasen-)Borden, Wänden oder Handläufen oder, ggf. ergänzend dazu, mit taktilen Bodenplatten mit einem ertastbaren Relief aus Rippen oder Noppen.

Taktile Wegeleitung gibt es zurzeit an über der Hälfte (51 Prozent) der Stationen (54 Prozent der Bahnsteige).

Bei Neubau oder Modernisierung eines Bahnsteigs gehört die Installation eines taktilen Blindenleitstreifens dazu, mit dem sich blinde und sehbehinderte Menschen im sicheren Abstand zum Gleis orientieren können.

Zurzeit sind bei 59 Prozent der Stationen (62 Prozent der Bahnsteige) taktile Blindenleitstreifen in die Bahnsteigoberfläche integriert.

Gut erkennbare Markierungen der Stufenkanten mit einem hohem hell-dunkel-Kontrast sind besonders für sehbehinderte Menschen wesentlich, um Treppen einfach nutzen zu können. Sie sollen mindestens an der ersten und letzten Stufe eines Treppenlaufes angebracht sein.

In 74 Prozent aller Stationen mit Treppen (92 Prozent der Bahnsteige) sind die Treppenstufen zurzeit entsprechend markiert.

Taktile Handlaufschilder an Treppen oder Rampen, die zu Bahnsteigen führen, geben Auskunft über Richtungs- und Gleisinformationen. Dies erfolgt über die les- und ertastbare Prismenschrift für sehbehinderte und blinde Menschen sowie über die Brailleschrift für geschulte blinde Menschen.

Aktuell an 40 Prozent der Stationen (49 Prozent der Bahnsteige) finden Reisende an allen Treppen und Rampen zum Bahnsteig taktile Handlaufschilder vor.

Für eine sichere und schnelle Orientierung am Bahnhof ist eine gut erkennbare Beschilderung mit weißer oder gelber Schrift auf nachtblauem Untergrund besonders für sehbehinderte Reisende, aber auch für Menschen mit Hörbehinderungen, gehörlose Menschen und Menschen mit eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit wichtig.

93 Prozent der Stationen (94 Prozent der Bahnsteige) sind zurzeit mit kontrastreicher und gut erkennbarer Wegeleitung ausgerüstet.

Für den barrierefreien Zugang von Bahnhofsgebäuden als Zugang zum Bahnsteig ist es wichtig, dass Rollstuhlfahrer:innen und Menschen mit Gehbehinderung, aber auch blinde Menschen Automatiktüren oder manuell leicht zu öffnende Flügeltüren nutzen können.

Die Datenerfassung zur Ausstattung ist zurzeit in Planung.

Zur weitreichenden Barrierefreiheit gehört auch, dass Reisende in den Zug niveaugleich, d. h. ohne Einstiegshilfe, ein- und aussteigen können. Sofern dies nicht möglich ist, kommen als Einstiegshilfen sogenannte bahnsteig- oder fahrzeuggebundene mobile Rampen zum Einsatz. Alternativ unterstützt das Betriebspersonal mit mobilen Hubliften, damit die Reisenden ohne Stufen oder Zwischenräume ein- oder aussteigen können.

Insbesondere für Rollstuhlfahrer:innen und Menschen mit Gehbehinderung, Familien mit Kleinkindern, Kinderwagen und/oder Gepäck sowie kleinwüchsige Menschen sind auf diese Angebote angewiesen.

Konkrete Aussagen zum Kriterium „Niveaugleicher Fahrzeugeinstieg oder Einstiegshilfe“ können derzeit nicht gegeben werden, da noch keine ausreichenden Daten zum niveaugleichen Einstieg bzw. zum Einsatz der Einstiegshilfen der über 100 Eisenbahnverkehrsunternehmen in Deutschland mit Bezug zur Bahnsteigkante der Haltebahnsteige vorliegen.

Zahlreiche Baumaßnahmen pro Jahr verbessern stetig die Barrierefreiheit an Bahnhöfen. Seit 2010 ist zum Beispiel die Zahl der stufenfreien Bahnsteige von 78 Prozent auf 86 Prozent gestiegen, das entspricht heute 81 Prozent der Bahnhöfe. Im selben Zeitraum hat die DB über 1.400 Bahnsteige auf eine Höhe von mindestens 55 cm erhöht, das ist eine Steigerung von 16 Prozent. Die Zahl der Bahnsteige mit taktilem Blindenleitstreifen hat sich seit 2010 sogar um 25 Prozent erhöht:

Heute können sich blinde und sehbehinderte Reisende an rund 60 Prozent der Bahnsteige mit Hilfe eines taktilen Blindenleitstreifens orientieren. Die Ausstattung mit taktilen Handlaufschildern hat die DB allein innerhalb der letzten zwei Jahre um rund 40 Prozent gesteigert. Der Ausbau geht kontinuierlich weiter.

Mobilitätseingeschränkte Reisende können nach Voranmeldung kostenlos Hilfeleistungen des Mobilitätsservices beim Ein- und Ausstieg in Anspruch nehmen.

Mitarbeiter:innen der Mobilitätsservice-Zentrale (MSZ) helfen auch bei der Planung und Durchführung einer Reise. Die DB Mobilitätsservice-Zentrale kann telefonisch, per Fax, per E-Mail oder per Anmeldeformular kontaktiert werden. Alle Infos und Kontaktdaten finden Sie auf www.bahn.de unter dem Menüpunkt „Barrierefreies Reisen“.

Die App DB Bahnhof live bietet viele Reiseinformationen über alle Bahnhöfe, wie die Bahnhofstafel mit einer Übersicht aller an- und abfahrenden Züge. Besonders hilfreich für Reisende mit Mobilitätseinschränkungen sind ausführliche Informationen zur Bahnhofsausstattung. Hier erfahren Interessierte zum Beispiel, ob ein Aufzug funktioniert oder ob der Bahnhof einen stufenlosen Zugang besitzt. Darüber hinaus gibt es Kontaktinformationen und Servicezeiten von zentralen Anlaufstellen am Bahnhof, Informationen zur Wagenreihung und die grafische Darstellung des aktuellen Besucheraufkommens für rund 100 Bahnhöfe. 

Mit der App können Reisende auch Kontakt zur Mobilitätsservice-Zentrale (MSZ) aufnehmen, um beispielsweise eine Hilfeleistung für ihre Reise anzumelden. 

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(1) Technische Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) des Eisenbahnsystems der Union für die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung und Menschen mit eingeschränkter Mobilität (engl. persons with disabilities and persons with reduced mobility (PRM)); und nachgeordnete nationale Regelwerke (z.B. DB Ril 813, DIN 18040): https://www.eisenbahn-cert.de/DE/Informationen/TSI/TSI_PRM/tsi_prm_node.html (2) https://transport.ec.europa.eu/system/files/2018-03/nip-prm-tsi-germany.pdf (3) Das Bewertungssystem zur weitreichenden Barrierefreiheit wurde in das Qualitätskennzahlensystem der aktuellen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LUFV III) zwischen Bund und Bahn aufgenommen. Der Fortschritt wird ab 2020 in den Infrastrukturzustands- und -entwicklungsberichten nachgehalten: https://www.eba.bund.de/DE/Themen/Finanzierung/LuFV/lufv_node.html

Fachartikel zum Bewertungssystem Weitreichende Barrierefreiheit (EI 2-2019) (PDF | 5.2 MB)

Fachartikel zum Bewertungssystem Weitreichende Barrierefreiheit (EI 2-2019) (PDF | 5.2 MB)

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